Menschen scheuen Veränderung.
Schon immer.
Jedenfalls tun sie das dann, wenn sie den direkten Vorteil für sich selbst nicht erkennen. Das war schon so, als wir – natürlich nicht persönlich – beruflich noch als Jäger und Sammler tätig waren. Man hatte ja nichts. Es war ein anstrengendes und entbehrungsreiches Leben. Ist man aber einer Tierherde gefolgt, hatte man zumindest Nahrung, Felle und Knochen, und damit ein Stück weit die Sicherheit, zu überleben.
In vielen Organisationen ist man bis heute als Jäger und Sammler unterwegs. Man jagt allem hinterher und sammelt dabei häufig negative Erfahrungen. Frust. Aber das ist egal, weil auch dieses Verhalten Sicherheit bringt. Schließlich hat man so schon immer gearbeitet, kennt die Probleme und… nun ja… der Arbeitgeber existiert ja noch und man selbst lebt davon.
Die Vorteile erkennen
Der Mensch hätte als Jäger und Sammler weiter existieren können. Natürlich hätte er das. Vielleicht wäre es sogar besser gewesen. Stellen Sie sich vor, wie viele Besprechungen Ihnen auf diese Weise erspart geblieben wären; auf der Jagd, mit dem Speer in der Hand, können Sie ja nicht mal eben ein Zoom-Meeting ansetzen. Und trotz dieser eigentlich interessanten Perspektive hatte der Mensch sich überlegt, dass so ein Leben mit Ackerbau und Viehzucht doch vielleicht der Jagd vorzuziehen sei. Logisch, denn ein sesshaftes Leben bietet viele Vorteile.
Das war eine Überlegung, die dann auch in die Tat umgesetzt wurde. Der Mensch hat, wie es eine bekannte Baumarkt-Kette so schön ausdrückt, sein Leben zum Projekt gemacht, hat Getreide entdeckt und gezüchtet, Tiere gezähmt und sich ein dauerhaftes Heim gebaut. Jetzt musste man nicht mehr ständig los, denn man konnte sich gefahrlos vollständig vor Ort versorgen. Natürlich mussten weiterhin alle zur Ernährung der eigenen Familie beitragen, praktischerweise fortan aber ohne die ständige Angst, dabei von einem Mammut zerquetscht zu werden.
Ein Happy End, so wie es klingt. Gutes Projektmanagement sorgt für einen guten Erfolg. Und die Menschheit hat das mehr oder weniger holperig hinbekommen. Und dass, obwohl damals noch niemand dafür zertifiziert war.
Ein gutes Ende nahm das jedoch nicht. Jedenfalls nicht unmittelbar.
Die Nachteile entdecken
Denn was man damals niemand bedacht hatte, war, dass vielleicht nicht alle Effekte eines sesshaften Lebens bekannt waren – vor allem die negativen: Zähne nutzten sich durch das nun vermehrt gegessene Korn schneller ab, Krankheiten entstanden und verbreiteten sich schneller als je zuvor, und, weil man auf der einen Seite nun etwas zu verteidigen, und auf der anderen Seite mehr freie Zeit hatte, konnten Kriege entstehen. Blöde Sache. Jetzt könnte man doch eigentlich wieder zurück zum alten Zustand …?
Durchhalten trotz aller Rückschläge
Nein, denn die neuen Lebensumstände brachten auch so viele Vorteile, dass man daran festgehalten hat. Und noch mehr als das: Man hat die Vorteile genutzt, um die Nachteile auszugleichen. War man nicht ständig unterwegs, konnte man mehr Kinder bekommen, mehr Kinder aber bedeuteten auch eine größere Produktivität: Man konnte Überschüsse erzielen. Plötzlich konnte man seine Nachbarn mit Nahrung versorgen, was bedeutete, dass diese sich nun um etwas anderes als die Nahrungsproduktion kümmern konnten. Die Arbeitsteilung war erfunden und in den darauffolgenden Jahrhunderten und Jahrtausenden immer weiter verbessert worden, man fand für nahezu jedes Problem die passende Lösung. Eine Erfolgsgeschichte.
Fazit
Aber diese Erfolgsgeschichte hätte es niemals geben können, wenn die Menschheit, nach den Rückschlägen aufgrund der neuen Sesshaftigkeit, wieder zu ihrem alten Status zurückgekehrt wären. Sie erinnern sich: mit dem Speer in der Hand. Und genau die Rückschläge sind es, vor denen heute viele Menschen Angst haben. Angst, weil sie ihren bisherigen Status nicht verschlechtern wollen, Angst, weil sie nicht wissen, dass Rückschläge dazugehören, Angst, weil die Vorteile nicht immer klar erkennbar sind, genauso wie die Nachteile.
Veränderung ist nicht immer zwingend notwendig. Aber in unserer schnelllebigen Welt kann oft nicht einmal der Status quo ohne stetige Anpassung erhalten werden. Arbeitsweisen, mit flexibler und stetiger Anpassung nennen wir heute agil. Aber selbst die frühen Jäger und Sammler konnten nicht immer am gleichen Ort und auf die gleiche Art jagen. Sie mussten sich stetig in ihrem Verhalten anpassen, nur um sich weiterhin ernähren zu können.
Anpassungen sichern den Status quo.
Veränderungen können ihn unter den richtigen Umständen aber verbessern.
Herzliche Grüße
Christian Günther
Christian Günther
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